17.02.12, 18:00h: Grüße aus der schwedischen Sonne!

Heute war ein guter Tag – schönes Wetter, an Langeweile grenzende Verkehrsverhältnisse, mittelmäßig lange Etappe: alles gut! Also waren wir schnell in Lulea.

Das Frühstück war ziemlich unfinnisch, aber gut und vollständig. Das Dinner gestern war übrigens Teil des Hotelservice und irgendwie kostenlos … gut für die Urlaubskasse. Also heute morgen Kaffee, Brötchen und Müsli gebunkert, mit einer Mandarine den Vitamin-C-Vorrat aufgefüllt, Karren bepackt und los. Anfangs noch etwas bewölkt, lockerte der Himmel zunehmend auf – immer niederschlagsfrei. Bei -11°C (die -20°C von gestern sind wohl eher eine Urban Legend der Wettervorhersage, so kalt hatten wir’s wohl doch nicht) war der Neuschnee (ca. 6cm) der Nacht in Sekunden mit dem Besen abgetragen.

Finnische Landstraßen heißt, auf einer soliden Eisschicht mit 100 schnurgerade entlangzuzockeln. Das einzige Geheimnis ist Bremsweg – Abstand nach vorn das Heilmittel.

Das war uns dann irgendwann zu langweilig, und wir haben versucht, auf kleinere Nebenstraßen auszuweichen. Fehlanzeige: Nebenstraßen gibt es nicht, die Leute wohnen hier alle an (geräumten) Stichstraßen, die maximal wenige Kilometer von der Bundesstraße abführen. Ungeräumte Feldwege hingegen sind mit ca. 80cm Schneetiefe nach einer halben Wagenlänge unpassierbar. Nach einigen Fehlversuchen haben wir das dann aufgegeben und sind weiter zügig auf der schwedischen Seite (da ist 110 auf der Bundesstraße) gen Lulea gestrebt. Allein auf einem Parkplatz kam der Bergegurt zum Einsatz, und das auch weitestgehend vorsätzlich (s. Foto).

Irgendwann zwischendurch haben wir den nördlichen Polarkreis von Nord nach Süd durchkreuzt und sind jetzt außerdem mit Schweden wieder in der GMT+1-Zone, also in Sachen Zeitverschiebung in Sync mit Deutschland (und nicht mehr mit Griechenland, wie gestern und heute morgen in Finnland).

In Lulea waren wir ziemlich genau um 15h, also sehr früh. Dann sind wir gerade noch ein wenig auf der Ostsee (bzw. dem nördlichsten Ausläufer des bottnischen Meerbusens) spazierengegangen, die hier offenbar so dick zugefroren ist, dass die Stadt (?) mit Baggern (sic!) darauf einen Fußweg freigeräumt hat – stabil genug für uns vier Grazien. Dann haben wir dem lokalen Bootshändler noch seine Ausstellung fachmännisch rhetorisch seziert, ein wenig Unordnung in die Auslage gebracht und im Supermarkt ein paar Lagen Schokokekse gegen das kleine Hüngerchen besorgt. Jetzt sitzen wir im Aufenthaltsraum, ringen dem Automaten Kaffee, Kakao und Wiener Melange ab und schreiben unsere obligatorischen Grüße an die Daheimgebliebenen.

In Lulea ist es kalt und es liegt viel Schnee, aber beides offenbar schon länger: gut geräumte Straßen, trittsichere Bürgersteige und mal wieder ein bildhübscher Sonnenuntergang. So geht’s wohl. Cachen habe ich erstmal vertagt, weil wir zu viert unterwegs waren, das folgt vermutlich gleich nach dem Essen.

Der einzige Stressfaktor heute war die Anfahrt hier: Freitag 15h heißt auch in einem Städtchen wie Lulea Feierabendverkehr, und auf den eisglatten Straßen schiebt der Terrano gutmütig über alle vier Pfoten, wenn man es übertreibt. Um im Verkehr mitzuschwimmen, insbesondere beim Ausfahren aus den zahlreichen Kreisverkehren, visiert man also am besten den kurveninneren Bürgersteig an und gibt beherzt Gas … das müssen wir noch üben, da bin ich noch feige.

Gleich geht’s wahrscheinlich landestypisch zum Griechen ;-), der für unsere gemischten Geschmäcker das heterogenste Angebot in der Nähe zu bieten scheint. Google sei dank … ohne Google wären sowieso ein paar Dinge etwas weniger reibungslos gelaufen.

Sicherlich ist es zu früh für ein erstes Resümee, aber wir haben heute mal über die Ausrüstung philosophiert. Bis hierhin hätte uns vermutlich jeder x-beliebige PKW mit Winterreifen auch gebracht. Der Allrad war hilfreich, die Spikes des Terrano auch, aber in keiner Situation wären Golf und Co. überfordert gewesen. Dank des guten Wetters haben wir ein bisschen viel Wintergear – Schneehosen, zwei Satz Handschuhe etc. – dabei, aber das wir so einen Kuschelwinter erwischen würden, konnte ja auch niemand ahnen. Der Ski-Doo-Opi gestern hat uns sein Leid geklagt, dass seine Seen nur 40cm und nicht, wie sonst, 60cm Eisdecken haben …

Andererseits wäre bis jetzt annähernd jedes Wetter seit Oslo geeignet gewesen, über dem gesamten Ruhrgebiet die weiße Flagge zu hissen und den Notstand auszurufen. Eine vereiste Bundesstraße für den ganz normalen Verkehr mit 80 oder 100 km/h freizugeben, wäre bei uns undenkbar, und die Bevölkerung wurde sich binnen Stunden gegenseitig mit Motorkraft halbieren. Unsere regelmäßigen Bremsversuche sind entsprechend spektakulär: ohne ABS, ohne ESP die 2,2to Lebendgewicht auf Spur zum Halt zu bewegen, braucht ein wenig Raum – entsprechende Weitsicht ist also erforderlich. Bei der statistischen Verkehrsdichte hier (15 Entgegenkommer und 2 Überholte sind hier „hohe Verkehrsdichte“ – auf 100km, versteht sich) alles kein Problem.

Morgen kommt mit 540km die längste Etappe überhaupt. So, wie ich die Situation aktuell einschätze, müssen wir uns für den Nachmittag in Sundsvall Programm einfallen lassen – 540km sind bei der aktuellen Verkehrslage keine 7h, einen Schnitt von nahezu 80 schafft man ohne Geschwindigkeitsüberschreitung.

Die Bilder des Tages: